Wie zwischenzeitlich allgemein bekannt, hat das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2015 bereits zum dritten Mal das geltende Schenkungs- und Erbschaftssteuergesetz für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber einen Zeitraum bis 30.06.2016 eingeräumt, um die beanstandeten Regelungen anzupassen. Für all diejenigen, die ein Unternehmen, eine Firma oder Geschäftsanteile auf Nachfolger innerhalb der Familie übertragen wollen, stellt sich hier die Frage, ob noch jetzt vor In-Kraft-Treten einer möglichen Gesetzesänderung zu handeln oder die Gesetzesänderung abzuwarten und danach zu handeln ist.
Entscheidend für Beantwortung der Fragestellung ist selbstverständlich, welche Auswirkungen die geplanten Änderungen für die demnächst anfallende Steuerbelastung gegenüber Steuerbelastung nach der bislang geltenden Regelung haben werden.
Nach bisher geltenden Recht kann der Erwerber von Einzelunternehmen, betrieblichem Vermögen, Mitunternehmensanteilen, land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie qualifizierter Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, die vererbt oder verschenkt werden, eine Begünstigung, die der begünstigte Erwerber nach 2 unterschiedlichen Grundmodellen in Anspruch nehmen kann.
Im ersten Fall kann der Erwerber eine Regelverschonung von 85 % der sonst anfallenden Steuer erreichen, wenn er das Unternehmen 5 Jahre fortführt, keine Entnahmen über 150.000,00 € aus der bei Übertragung vorhandenen Vermögenssubstanz vornimmt, das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 50% des Betriebsvermögens ausmacht und das Lohnsummenniveau im Betrieb im Vergleich zu den letzten 5 Jahren nicht unter 80 % des jährlichen Durchschnitts sinkt.
In der zweiten Variante kann der Erwerber bisher eine Vollverschonung (also 100 %) erreichen, wenn er das Unternehmen bzw. die Gesellschaftsanteile insgesamt 7 Jahre behält, das Verwaltungsvermögen nicht 10 % des Unternehmenswertes nicht übersteigt, sowie die Lohnsumme in den folgenden 7 Jahren nicht unter das jährliche Lohnsummenniveau im Durchschnitt der letzten vor Übertragung abgeschlossenen 5 Geschäftsjahre fällt.
Die Lohnsummenvoraussetzung betrifft allerdings bisher nur Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten. Die bisher verhandelte Neuregelung sieht die Eckpunkte vor:
Der Begriff des Betriebsvermögens soll neu definiert werden. Zukünftig soll nur Betriebsvermögen begünstigt werden, dass seinem Hauptzweck nach überwiegend einer land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dient.
Nicht begünstigtes Vermögen soll maximal in Höhe von 10 % wie begünstigtes Vermögen behandelt werden. Bei der Übertragung von Anteilen an Großunternehmen sollen die weitgehenden Verschonungsabschläge an zusätzliche Bedingungen geknüpft und nicht mehr in vollem Umfang gewährt werden. Im Rahmen einer Verschonungsprüfung soll in diesen Fällen auch das Privatvermögen des Erwerbers in die Betrachtung mit einbezogen werden. Die Grenze, ab der eine Lohnsummenprüfung als weitere Bedingung für die Steuerbegünstigung dient, soll auf 3 Beschäftigte herabgesetzt werden.
Bei 4 bis 15 Mitarbeitern sollen die Lohnsummenvorgaben allerdings gelockert sein.
Dabei muss beachtet werden, dass die bisherigen Regelungen im Rahmen der Koalitionsverhandlungen und in der Regierung selbst noch erheblichen Änderungen unterliegen können, also auch weiteren Verschlechterungen.
PRAXISHINWEIS
Wer ohnehin plant, in naher Zukunft ein Unternehmen oder Unternehmensteile bzw. Gesellschaftsbeteiligungen innerhalb der Familie zu übertragen, sollte dies vor dem 30.06.2016 erledigen. Für diejenigen, die nur testamentarisch die Nachfolge absichern wollen bzw. erst in einigen Jahren übertragen wollen, ist es besser abzuwarten, wie die endgültige Regelung aussieht und dann ggf. mehrstufig unter Inanspruchnahme der Freibeträge zu übertragen.