Eine aktuelle Entscheidung des LG Lübeck (Urteil vom 07.07.2022, AZ.: 14 S 23/21) gibt Anlass, darauf hinzuweisen, dass der Mieter seine Gewährleistungsrechte bei Wohnungsmängeln (also z.B. die Minderung) verlieren kann, wenn er diese Mängel bei Vertragsschluss kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Hintergrund ist § 536b BGB, der Mängelrechte bei Kenntnis des Mangels ganz ausschließt. Ist dem Mieter der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm Mängelrechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat.
Im vom LG Lübeck entschiedenen Fall hatte der Mieter auf eine Wohnungsbesichtigung vor Vertragsschluss verzichtet. Das LG Lübeck stellte fest, dass man dabei die Mängel hätte sehen können und dass der Verzicht auf die Besichtigung grob fahrlässig sei. Eine arglistige Täuschung durch den Vermieter konnte das LG nicht erkennen, weil der schlechte Zustand der Wohnung offensichtlich war und nicht verschleiert wurde. Dass der Mieter die Mängel dann angeblich bei der Wohnungsübergabe gerügt hatte, war zu spät, weil es auf die mögliche Kenntnis bei Vertragsschluss ankommt.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass § 536b BGB mit seinem Satz 3 noch eine weitere Falle für den Mieter aufstellt. Selbst wenn die Unkenntnis der Mängel bei Vertragsschluss nicht grob fahrlässig war, kann der Mieter danach seine Mängelrechte verlieren, wenn er zwischenzeitlich von den Mängeln erfahren hat und sich seine daraus folgenden Mängelrechte nicht bei der Übergabe der Räume vorbehält. Mieter sollten darauf achten, dass ein solcher Vorbehalt nachweisbar ist. Eine bloße mündliche Ansprache wird also wohl selten genügen.
Rechtsanwalt Jörg Weinreich