Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20.11.2013 zu Aktenzeichen IV ZR 54/13 eine Entscheidung getroffen, die für alle Schlusserben von Bedeutung sein dürfte.
Schlusserbe ist derjenige, der bei einem zweiten Todesfall im Ehegattentestament erst bedacht wird, wohingegen beim ersten Todesfall zunächst der überlebende Ehegatte Alleinerbe wird (sogenanntes Berliner Testament).
In der Praxis wird oftmals versucht, nach dem Ableben des ersten Ehegatten diese Stellung des Schlusserben durch Schenkungen an Dritte solche Regelungen zu unterlaufen.
Wie der BGH in dem zu entscheidenden Fall festgestellt hat, muss auch ein Dritter die den Schlusserben beeinträchtigende Schenkung herausgeben.
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Der Kläger (S) war außerehelicher Sohn, dessen Mutter (M) neu heiratete. Nach der Heirat erwarben die Eheleute (X) ein Grundstück zu je hälftigem Miteigentum. Im Ehegattentestament, das sie errichteten, setzten sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben des gesamten Nachlasses ein. Erbe des Letztversterbenden sollte der (uneheliche) Sohn sein.
Die Mutter (M) des Klägers verstarb später, der überlebende Ehegatte V. (Stiefvater) heiratete erneut. Die neue Ehefrau brachte einen Sohn mit in die Ehe. Mit notariellem Vertrag übertrug der Erblasser V. (Stiefvater) das Eigentum an dem Grundstück auf seine zweite Ehefrau (SM) und behielt sich ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht vor.
Mit weiteren späterem notariellen Vertrag übertrug die zweite Ehefrau (SM) das Eigentum an dem Hausgrundstück mit Zustimmung des späteren Erblassers V. (Stiefvater) auf ihren Sohn (Z) und behielt sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht vor. Danach verstarb sie, der Sohn (S) nahm den Sohn (Z) wegen der Übereignung auf Herausgabe des Grundstücks in Anspruch. Das ursprünglich zwischen den Eheleuten (M) und (V) errichtete Ehegattentestament war mit wechselbezüglichen Bestimmungen verfasst.
Wechselbezügliche Bestimmungen bedeuten, dass die Ehegatten jeweils die Zuwendung vor dem Hintergrund an den anderen Ehegatten machen, dass dieser sich im Nachhinein an die Regelungen des Testamentes hält und diese nicht einseitig widerrufen kann.
Der BGH hat entschieden, dass in einem solchen Fall, in dem testamentarische Bestimmungen wechselbezüglich gestaltet sind, das Ergebnis, dass der Schlusserbe den gesamten Nachlass nach dem zweiten verstorbenen Ehegatten erhalten soll, nicht durch Schenkungen unterlaufen werden darf. Hat der Erblasser in der Absicht den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe (hier Schlusserbe), nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Diese Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH auf wechselbezügliche letztwillige Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testamentes, das nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten unwiderruflich geworden ist, entsprechend anzuwenden.
Im Ergebnis musste der Sohn (Z) das Grundstück herausgeben, da durch die Schenkung der Vertragserbe beeinträchtigt war.
Praxishinweis:
Es ist also in derartigen Fällen, in denen während des Zeitraumes nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten Schenkungen vom überlebenden Ehegatten gemacht werden, genau hinzuschauen, ob dies den Vertragserben beeinträchtigende Schenkungen sein können.
Voraussetzung hierfür ist aber das Bestehen eines Testamentes mit wechselbezüglichen Regelungen. Der BGH stärkt damit die Stellung des Vertrags- bzw. Schlusserben, der bei Bekanntwerden solcher Schenkungen dann die Rückgriffsmöglichkeit gegenüber dem Beschenkten hat.
Bei Grundstücken, Eigentumswohnungen und im Grundbuch eingetragenen Rechten lässt sich die Schenkung ohne weitere Probleme nachweisen, der fehlende Rechtsgrund ist zu vermuten, sofern der Beschenkte nicht Rechtsgründe darlegen und beweisen kann, die die Vermutung der Schenkung (Unentgeltlichkeit) widerlegen.