Immer wieder im Focus von gerichtlichen Entscheidungen steht die Verpflichtung des Unternehmers zur Prüfung von (Vor-)Leistungen Dritter. Die Prüfungs- und Hinweispflicht besteht grundsätzlich im Hinblick auf mögliche Bedenken des Unternehmers gegen
- die vorgesehene Art der Ausführung,
- die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile
sowie - die Vorleistungen anderer Unternehmer
Regelungen dazu sind in § 13 Nr. 3 und § 4 Nr. 3 VOB/B enthalten. Diese stellen eine Konkretisierung von Treu und Glauben dar und gelten auch über den Anwendungsbereich der VOB/B hinaus für den Werkvertrag; also allgemein.
Höchst richterlich ist entschieden, dass die Frage der Zumutbarkeit und das Erfordernis einschließlich Umfang und Inhalt der Prüfungs- und Hinweispflichten aus den Umständen des Einzelfalles zu betrachten ist. Hierbei wiederum ist, dass jeweils konkret vorauszusetzende und branchenübliche Wissen einschließlich der zu erwartenden Fachkunde des Unternehmers, maßgeblich.
Nachfolgend zur Verdeutlichung der Problematik einige Entscheidungen aus jüngerer Zeit.
Im Juni diesen Jahres hat Oberlandesgericht Naumburg hat darauf erkannt, dass ein Unternehmer, welcher Tankcontainer zu liefern hatte, seine Hinweispflicht gegenüber dem Auftraggeber verletzt hat, weil für ihn erkennbar gewesen sei, dass die von einem anderen Unternehmer gelieferten sogenannten Abgabeeinheiten undicht waren. An selbigen konnte Harnstoff austreten. Dieser Umstand stellt eine potenzielle Gefahrenstelle dar. Interessant an der Entscheidung ist, dass das Gericht davon ausgegangen ist, dass der Unternehmer sich nur durch einen ordnungsgemäßen Bedenkenhinweis von seiner Haftung hätte befreien können. In diesem Zusammenhang kann sich der Unternehmer nicht ohne Weiteres darauf verlassen, so der Senat, dass die von einem anderen Unternehmer gelieferte Abgabeeinheit ihren Zweck erfüllt.
In einer weiteren Entscheidung des Oberlandesgerichtes Naumburg aus dem Monat Mai 2013 wurde der Unternehmer wegen Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht, anteilig mit einer Quote von 50 % zur Leistung von Schadenersatz verurteilt. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die dem Unternehmer vom Architekten des Auftraggebers vorgegebene Planung für die Gebäudeabdichtung durch den Unternehmer hätte geprüft werden und der Auftraggeber durch den Unternehmer darauf hingewiesen werden musste, dass diese Planung nicht dazu geeignet ist, die vorgesehene Nutzung des Kellers als Büro zu ermöglichen.
Im Gegensatz dazu sah es das Oberlandesgericht Frankfurt in einer Entscheidung aus 2012 so, dass ein Rohbauunternehmer keine Bedenken gegen die Angaben des Statikers zur Fundamentbreite einer zu unterfangenden Giebelwand haben muss. Dies jedenfalls dann, wenn keine Indizien oder Anhaltspunkte für eine sachlich falsche Planung vorliegen und zudem für den Auftragnehmer ohne weitergehende zielgerichtete Nachforschung keine Möglichkeit besteht eine Abweichung der Planung von den tatsächlichen Gegebenheiten zu erkennen.
Das Landgericht Bad Kreuznach wiederum hat im Januar 2014 zu Abdichtungsarbeiten unterhalb von Fliesenbelag entschieden, dass einem Fachunternehmen die einschlägigen technischen Regeln und darauf beruhende Verfahren bekannt sein müssen. In diesem Zusammenhang hat das Gericht klargestellt, dass kein Planungsfehler vorliegt, wenn der beauftragte Architekt lediglich das System vorgibt. Denn der Unternehmer muss das konkret anzuwendende Verlegeverfahren und die einschlägigen technischen Regeln kennen.
Im Hinblick auf Planungsvorgaben des Architekten stellt das OLG Koblenz in einer Entscheidung aus Jahr 2013 darauf ab, dass soweit ein Unternehmer seine Arbeiten mit Billigung des Architekten in einer vom Gewöhnlichen abweichenden Weise ausführen will, er die insoweit anzumeldenden Bedenken gegenüber dem Bauherrn (Auftraggeber als dessen Vertragspartner) zu erklären hat, wenn er eine Haftungsbefreiung für sich in Anspruch nehmen möchte.
Praxishinweis:
Aus den oben angeführten Beispielen wird ersichtlich, dass die aufgezeigte Problematik äußerst vielschichtig ist. Daher ist vor allem der Unternehmer gehalten, gesteigertes Augenmerk auf die Wahrnehmung seiner Prüfungs- und Hinweispflichten zu lenken. Dies um eine Inanspruchnahme wegen Mängeln an den Vorleistungen bzw. Vorgaben zu vermeiden und möglichst vollständig auszuschließen. Denn der Vorunternehmer selbst, schuldet dem nachfolgenden Unternehmer grundsätzlich keine mangelfreie Leistung. Es hilft dem Unternehmer auch nicht, wenn er einen Hinweis an seinen Auftraggeber erteilt, dass für sein Werk bestimmte Voraussetzungen gegeben sein müssen. Denn mit einem solchen Hinweis geht keine Befreiung von den Prüfungs- und Hinweispflichten einher.
Zu beachten ist, dass eine mögliche Haftungsbefreiung in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich nur ausnahmsweise zum Tragen kommt. Dies z.B. dann, wenn trotz fehlenden Bedenkenhinweises die dem Unternehmer zur Verfügung gestellte – aber ungeeignete – Planung zu Mängeln führt und zwar dann, wenn der Auftraggeber durch den Architekten hinreichend aufgeklärt und informiert worden ist. Derartige Fälle dürften in der Praxis aber äußerst selten bzw. kaum beweisbar sein.
In der Praxis bestehen zudem häufig Probleme bei der Beurteilung, ob und inwieweit überhaupt für den Unternehmer die Möglichkeit bestanden hat, Planungen, Vorgaben und Vorleistungen tatsächlich zu überprüfen. Die Gerichte sehen die Überprüfungsmöglichkeiten für den Fachunternehmer sehr weit gesteckt. Und je gefahrträchtiger eine Bauleistung und damit auch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Mängeln ist, steigern sich die Anforderungen an die Prüfungs- und Hinweispflicht. Gleiches gilt für den Einsatz neuer bzw. unerprobter Techniken und/ oder Materialien.
Die Prüfung – nebst etwaiger Anmeldung von Bedenken ggü. dem Auftraggeber – ist durch den Unternehmer also vor Ausführung der Leistungen vorzunehmen und nicht erst im Schadenfall.
Rechtsanwalt Mirko Zebisch
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht