Der BGH hat jetzt klargestellt, dass bei der Bemessung der Entschädigung gemäß § 642 Abs. 2 BGB die in der Höhe der vereinbarten Vergütung des Auftragnehmers enthaltenen Anteile für Gewinn, Wagnis und AGK bei der Ermittlung des Entschädigungsanspruchs gleichfalls mit zu berücksichtigen sind.
Sofern der Besteller im Rahmen der Herstellung eines Werks durch Unterlassen einer Handlung in Verzug mit der Annahme kommt, kann der Auftragnehmer gemäß § 642 Abs. 1 BGB eine angemessene Entschädigung verlangen. Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich zum einen nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Auftragnehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen sich erspart hat oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann, § 642 Abs. 2 BGB. In seiner sogenannten „Vorunternehmer-Entscheidung“ vom 21.10.1999 hatte der BGH damals festgestellt, dass der Entschädigungsanspruch des Auftragnehmers aus § 642 BGB nicht Wagnis und den entgangenen Gewinn umfasst. Dies hatte dazu geführt, dass die Praxis seitdem den Entschädigungsanspruch laut § 642 BGB zwar angelehnt an der Höhe der vereinbarten Vergütung ermittelte, jene in der vereinbarten Vergütung enthaltenen Wagnis- und Gewinnanteile im Rahmen der Ermittlung des Entschädigungsanspruchs herausrechnete. Diese Rechtsprechung des BGH wurde immer wieder mit dem Argument angegriffen, dass § 642 Abs. 2 BGB ausdrücklich auf die vereinbarte Vergütung und damit auf die gesamten Kalkulationsgrundlage des Auftragnehmers verweist und Wagnis und Gewinn schon begrifflich keine Aufwendungen des Auftragnehmers darstellen, welche sich dieser demnach auch nicht erspart haben kann.
Der BGH hat sich jetzt veranlasst gesehen, unter Verweis auf seine Vorunternehmer-Entscheidung vom 21.10.1999 für die Praxis klarzustellen, dass bei der Bemessung der Entschädigung gemäß § 642 Abs. 2 BGB selbstverständlich die Höhe der vereinbarten Vergütung zu berücksichtigen sei, welche selbstverständlich auch die darin enthaltenen Anteile für Gewinn, Wagnis und allgemeine Geschäftskosten (AGK) einschließen kann. Zugleich stellte er klar, dass über § 642 BGB nicht der anderweitig „entgangene Gewinn“ umfasst ist, welcher durch den Auftragnehmer nur im Rahmen eines Schadensersatzanspruches erstattet verlangt werden kann, welcher Verschulden voraussetzt, § 252 BGB.
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Praxistipp:
Bei dem Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB handelt es sich um einen vergütungsähnlichen Anspruch, welcher verschuldensunabhängig ist. Der Auftragnehmer kann jetzt auf der Grundlage seiner Urkalkulation die dort angesetzten Vergütungsbestandteile für Wagnis und Gewinn sowie die AGK im Rahmen der Berechnung seines Entschädigungsanspruchs mit in Ansatz bringen. Die schadensrechtlichen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB sind auf den Anspruch aus § 642 BGB nicht anwendbar. Entgeht also dem Auftragnehmer aufgrund des Annahmeverzuges des Bestellers ein Folgeauftrag, wird der Auftragnehmer für den in diesem Folgeauftrag enthaltenen entgangenen Gewinnanteil über § 642 BGB nicht entschädigt. Dies wäre nur dann möglich, wenn dafür die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 249 ff, 252 S. 1 BGB erfüllt sein sollten.
Frank-Thoralf Hager
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
BGH, Urteil vom 26.10.2017 – VII ZR 16/17