Eine Vereinbarung zwischen den Bauvertragsparteien, wonach jene dem Angebot des Auftragnehmers zugrundeliegenden Preise grundsätzlich Festpreise und für die gesamte Vertragsdauer verbindlich sind, sind unwirksam.
Nach Auffassung des BGH benachteiligt eine solche Klausel den Auftragnehmer unangemessen, was in der Rechtsfolge zur Unwirksamkeit der Festpreisklausel führt. Diese Entscheidung betrifft Grundfragen des Verhältnisses zwischen dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Regelungen der VOB/B. Es stellt sich nämlich regelmäßig die Frage, ob eine Festpreisklausel in den Auftraggeber-AGB ein Preisanpassungsverlangen des Auftragnehmers nach § 2 Nr. 3 VOB/B grundsätzlich ausschließt. Diese Frage beantwortet der BGH dahingehend, dass Festpreisklauseln das Anpassungsverlangen des Auftragnehmers über § 2 Nr. 3 VOB/B ausschließen. Zugleich führt die Auslegung der Preisanpassungsklausel auch noch verschärfend dazu, dass die Bestimmung des § 313 BGB durch die Festpreisklausel in den Auftraggeber-AGB aufgehoben wird. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar und ist daher gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
PRAXISHINWEISE selbst bei vorhandenen Festpreisklauseln in den AGB der Auftraggeber
Die Entscheidung des BGH hat erhebliche praktische Bedeutung für sehr viele Bauverträge in der Praxis. Als positive Rechtsfolge für die Auftragnehmerseite werden Im Ergebnis der Entscheidung des BGH Preisanpassungsverlangen des Auftragnehmers wegen Mengenänderungen wieder möglich. Es existieren in der Praxis – soweit ersichtlich – kaum Regelungen, wonach das Preisanpassungsverlangen eines Auftragnehmers wegen bloßen Massenänderungen ausgenommen ist. Solche Klauseln sind derzeit kaum gebräuchlich. Auftragnehmer können daher gestützt auf diese Rechtsprechung des BGH in Zukunft auf die Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Verträgen ihrer Auftraggeber vertrauen und über § 2 Nr. 3 VOB/B ihr Preisanpassungsverlangen im Einzelfall gegenüber dem Auftraggeber mit Aussicht auf Erfolg geltend machen.
Für die Auftraggeberseite bedeutet dies, dass sie ihre Musterverträge im Hinblick auf vorhandene Festpreisklauseln schnellstmöglich anpassen sollten. Mindestanforderung an solche anzupassenden Klauseln wird es sein, in solchen Festpreisklauseln das Anpassungsverlangen des Auftragnehmers über § 313 BGB nicht einzuschränken. Die Zukunft wird zeigen, ob eine solche Klarstellung in Bauverträgen für die Wirksamkeit einer Festpreisklausel ausreicht, wenn der BGH über eine solche angepasste Festpreisklausel wieder entscheiden muss. Das Ergebnis dieser Prüfung ist völlig offen. Für die öffentliche Hand bedeutet dies, dass u. a. auch jene im EF-Blatt 224 des Vergabehandbuchs vorgesehene Festpreisvertragsklausel sehr wahrscheinlich auch unwirksam sein dürfte. Dies gilt erst recht für die Festpreisklauseln, welche öffentliche Auftraggeber gerne und regelmäßig in ihren als Ergänzung des VHB vorgesehenen allgemeinen oder besonderen Zusatzbedingungen verwenden. Auftragnehmer hingegen müssen nicht mehr solche Festpreisklauseln für die gesamte Bauzeit fürchten und können ihre Preisanpassungsverlangen über § 2 Nr. 3 VOB/B gegenüber dem Auftraggeber mit Aussicht auf Erfolg geltend machen.
Rechtsanwalt Frank-Thoralf Hager
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht