In einem Rechtsstreit, welcher dem OLG Dresden zur Entscheidung vorlag, konnten wir für unsere Mandanten Gewährleistungsrechte gegen einen Bauträger durchsetzen, obwohl die Gewähr- leistungsfrist bereits abgelaufen war.
Der Bauträger hatte in den Jahren 1999 – 2002 eine Reihenhaussiedlung in Hanglage terrassenförmig errichtet.
Zur Schaffung eines geeigneten Baufeldes (Plateau) war eine Stützwand notwendig und auch verwirklicht worden. Nach Ablauf der regelmäßigen Gewährleistungsfrist kam es im Bereich der zwischen den Häusern und der Stützwand gelegenen Vorgärten zu Absackungen des Erdreiches. Das zuständige Bauordnungsamt untersagte daraufhin die weitere Nutzung der Grundstücke, wegen fehlender Standsicherheit der Objekte und damit im Zusammenhang stehender Gefahr für Leib und Leben.
Erwerber und Bauträger stritten um die Verantwortlichkeit für die nunmehr zu Tage getretene fehlende Standsicherheit. Die von den Erwerbern eingereichte Klage auf Zahlung eines Vorschusses für die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten hatte Erfolg. Der Senat ließ die Einwände des Bauträgers, dass er die Bauausführung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik vorgenommen habe, die alleinigen Ursachen ein Grundwasseranstieg sowie ein Grundbruch seien, welche dem Baugrundrisiko der Erwerber zuzuordnen sind, und etwaige Ansprüche seien jedenfalls verjährt, nicht gelten.
Ausgangspunkt für das Gericht war, dass es sich grundsätzlich von selbst versteht, dass der Bauträger dafür Sorge zu tragen hat, dass der mittels Stützmauer gestützte Baugrund Gewähr für die Festigkeit des Geländes und die Standsicherheit der vom Bauträger errichteten Baulichkeiten bieten muss. Die Gewährleistungsfrist von 5 Jahren ist nach Ansicht des Senats nicht einschlägig, weil der Bauträger den Mangel arglistig verschwiegen habe und ihm darüber hinaus ein Organisationsverschulden vorzuwerfen sei. Für die Kenntnis im Rahmen der Arglist reiche es aus, dass der Unternehmer einen Pflichtverstoß billigend in Kauf nimmt. Dass sah der Senat hier als gegeben an, weil
- zwingend notwendige Baugrunduntersuchungen im Vorfeld nicht oder nur unvollständig durchgeführt worden sind,
- keine hinreichende Planung einschließlich statischer Berechnungen für die Stützmauer vorge- nommen worden war, insbesondere ein vermeintlicher erstellter gesonderter „Standsicherheits- nachweis“ vom Bauträger nicht vorgelegt werden konnte,
- der auf die Stützmauer aufgelegte „Betonriegel“ die Standsicherheit nicht erhöht, sondern viel- mehr verringert hat,
- gegen die Einbaurichtlinien des Baugrundsachverständigen verstoßen worden ist,
- keine wasserrechtliche Erlaubnis für die zur Ausführung gelangten Entwässerungsanlagen eingeholt worden ist, abgesehen davon diese selbst zudem nicht nach den a.a.R.d.T. errichtet worden sind.
Zudem habe der Bauträger zweifelsohne Kenntnis davon gehabt, dass entgegen der für die Stützwand erteilten Baugenehmigung für einen kompletten Neubau, ein Teil der Stützwand aus dem Altbestand weitgehend unverändert belassen worden ist.
Darüber hinaus ist der Senat der Ansicht, dem Bauträger sei jedenfalls ein Organisationsverschulden bei Überwachung und Kontrolle der von ihm beauftragten Firmen vorzuwerfen. Die vorgefundenen Mängel, deren Schwere und die zu den Mängeln führenden Versäumnisse seien Indiz für eine unzureichende Organisation. Für sich Entlastendes hierzu wurde vom Bauträger nicht vorgetragen.
Praxishinweis:
Grundsätzlich führt nicht jeder schwerwiegende Mangel dazu, dass noch nach Ablauf der 5-jährigen Gewährleistungsfrist Mängelansprüche erfolgreich durchgesetzt werden können. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit Arglist und/oder Organisationsverschulden nachgewiesen werden können. Die Beweislast hierfür tragen die Erwerber, wobei ihnen allerdings im Einzelfall Beweislasterleichterungen zugutekommen können, insbesondere, wenn notwendige Genehmi- gungen nicht eingeholt wurden und/ oder notwendige Untersuchungen ganz oder teilweise nicht durchgeführt worden sind bzw. derart gravierende Mängel vorliegen, dass diese für sich genommen bereits auf eine unzureichende Planung, Ausführung und Bauüberwachung schließen lassen. Auch wenn dem Bauträger ein arglistiges Verhalten oder ein Organisationsverschulden nachgewiesen werden können, ist die Verjährung zu bedenken: Einschlägig ist dann die absolute Verjährungsfrist von 10 Jahren.
Rechtsanwalt Mirko Zebisch
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht