In Gerichtsprozessen streiten die Parteien oft darüber, inwieweit im Rahmen der Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH aus wichtigem Grund diesen ein sogenanntes abstimmungserhebliches Stimmverbot im Sinne von § 47 Abs. 4 GmbHG trifft. Der BGH hat entschieden, dass bei einem Streit über ein bestehendes abstimmungserhebliches Stimmverbot es in einem Rechtsstreit allein auf das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des abberufenen Gesellschafter-Geschäftsführers ankommt.
Grundsätzlich unterliegt bei der Beschlussfassung über seine Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund der Gesellschafter einem Stimmverbot. In der Rechtsprechung und juristischen Literatur war bisher streitig, unter welchen Voraussetzungen der Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Abstimmung über seine Abberufung oder Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund einem Stimmverbot unterliegt und damit der Versammlungsleiter ein Stimmverbot anzunehmen hat. Der BGH hat nun entschieden, dass ein Stimmverbot für den betreffenden Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann besteht, wenn ein wichtiger Grund objektiv vorliegt. Daher muss durch den Versammlungsleiter der Gesellschafterversammlung eine materielle Prüfung des wichtigen Grundes erfolgen. In einem nachfolgenden Rechtsstreit zur Wirksamkeit der Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grund kommt es daher allein auf das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Frage an, ob den betreffenden Gesellschafter-Geschäftsführer ein abstimmungserhebliches Stimmverbot in der zuvor durchgeführten Gesellschafterversammlung tatsächlich getroffen hat oder nicht.
PRAXISHINWEIS
Jetzt ist geklärt, dass das Vorliegen eines wichtigen Grundes tatsächlich durch ein Gericht überprüft werden kann und sich erst im 2. Schritt daran die Rechtsfrage festmachen lässt, inwieweit den betreffenden Gesellschafter-Geschäftsführer über seine eigene Abberufung ein Stimmverbot gemäß §47 Abs. 4 GmbHG in der zuvor durchgeführten Gesellschafterversammlung getroffen hat oder nicht. Ohne das Vorliegen eines objektiv wichtigen Grundes muss ein Gericht im oft Monate später geführten Rechtsstreit nicht mehr die Rechtsfrage klären, inwieweit der betreffende Gesellschafter-Geschäftsführer bei seiner eigenen Abberufung in der Gesellschafterversammlung mit hätte stimmen dürfen oder nicht.
Rechtsanwalt Frank-Thoralf Hager Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht