Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Urteil vom 30.04.2014 zum Aktenzeichen XII ZR 146/12 erneut zu der im Gewerberaummietrecht sehr wichtigen Frage der Schriftform geäußert. Mietverträge, die für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden sollen, bedürfen der Schriftform (§ 550 BGB). Was zunächst so einfach klingt, stellt die Praxis seit mehreren Jahren vor immer wieder neue Fragen: wann ist die Schriftform (§ 126 BGB) eingehalten und wann nicht? Gegenstand dieses Artikels soll nicht die Aufarbeitung dieser Punkte sein sondern um auf folgendes aufmerksam zu machen:
Mitunter sind sich die Parteien eines Mietvertrages selbst nicht sicher, ob sie die bisher von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien zur Einhaltung der Schriftform hinreichend beachtet haben oder nicht. Teilweise möchten sie auch allen möglichen, insbesondere zukünftigen Eventualitäten vorbeugen. Um dies zu erreichen, werden in langfristigen Gewerbemietverträgen derzeit verstärkt so genannte Schriftformheilungsklauseln aufgenommen. Diese besagen – im wesentlichen -, dass die Parteien des Mietvertrages für den Fall, dass ein Schriftformverstoß festgestellt wird, aus diesem Verstoß keine Rechte herleiten und alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen werden, um den Schriftformverstoß zu heilen und die langfristige Bindung des Mietvertrages (wieder) herzustellen.
Warum erscheint dies nötig? Wird ein Mietvertrag für eine längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form abgeschlossen, so gilt er als für unbestimmte Zeit geschlossen (§ 550 Satz 1 BGB). Folge davon ist, das nach Ablauf eines Jahres nach Überlassung von Geschäftsräumen das Mietverhältnis jederzeit spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres gekündigt werden kann (§ 580a Abs. 2 BGB). Langfristige Planungen und Investitionen wären damit gefährdet. Und: die kündigende Partei verhält sich grundsätzlich nicht treuwidrig, auch wenn sie den Mietvertrag bereits einige Zeit vollzogen hat.
Der Bundesgerichtshof hat – soweit ersichtlich – bisher noch nicht entschieden, ob eine derartige Schriftformheilungsklausel zwischen den Parteien, die den ursprünglichen Mietvertrag geschlossen haben, im Ergebnis die Wirksamkeit entfaltet, die, wie vorstehend beschrieben, beabsichtigt ist. Entschieden hat er aber mit jenem Urteil vom 30.04.2012, dass ein Dritter, der gemäß § 566 BGB als Vermieter in einen derartigen Mietvertrag eintritt, auch bei Aufnahme einer solchen Schriftformheilungsklausel in den Vertrag nicht sein Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages verliert, wenn ein Schriftformverstoß festgestellt wird.
Die mit dem Abschluss eines langfristigen Mietvertrages eigentlich von den Parteien gewollte Planungssicherheit ist daher bei einem Parteiwechsel und einem Verstoß gegen die Schriftform weiterhin und insbesondere gefährdet. Als Praxishinweis empfiehlt sich daher (nach wie vor), einen derartigen Mietvertrag bereits im Vorfeld hinreichend auf etwaige Schriftformverstöße prüfen zu lassen. Auf die Hoffnung, durch eine Schriftformheilungsklausel einen Formverstoß gegebenenfalls in der Zukunft korrigieren zu können sollte nicht verlässlich gesetzt werden.
Rechtsanwalt Hagen Albus
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht